Alle Jahre wi(e)der
- Christiane

- 3. Dez.
- 4 Min. Lesezeit
Liebe Leser,
wer meinen Blog schon eine Weile kennt, ahnt, dass dieses gestellte, unauthentische und völlig an Fröhlichkeit übertriebene Titelbild zum Artikel natürlich Absicht ist und so kann ich auch direkt zum Thema kommen:
Offener Brief an Coca Cola:
"Liebe Coca-Cola-Company,
an dieser Stelle ein aufrichtiges Dankeschön. Wirklich. Denn irgendjemand musste ja endlich aufräumen mit dem ganzen alten Krippenkram. Zweitausend Jahre lang hat man uns eingeredet, Weihnachten hätte irgendetwas mit der Geburt eines Kindes in einem Stall zu tun — mit Stroh, Hirten, ein bisschen Sternschnuppenromantik. Langweilig! Unvermarktbar! Viel zu viel Heiligkeit, viel zu wenig Markenwelt. "Macht hoch die Tür" - viel zu lahmer Song.
Gut also, dass ihr eines Tages dachtet:„ Moment mal… dieser Jesus… der könnte doch mehr Reichweite haben.“
Und zack — war er weg. Aufgesogen vom globalen Marketing, glatt poliert, und durch eine Figur ersetzt, die vor allem eines besitzt: Pantone-Rot 185 und eine glykolglänzende Aura, die nur berücksichtigt, was wirklich zählt — den Absatz.
Das Christkind, so munkelt man, hat sich inzwischen aufs Altenteil zurückgezogen. „Ich konnte mit dieser Konkurrenz einfach nicht mithalten“, soll es gesagt haben, „der Mann kam mit eigenem Truck, Beleuchtung und Personal. “Wer würde da nicht einpacken?
Und die heiligen Drei Könige? Keine Sorge, die leben weiter. Als drei Sorten Geschenkpapier.
Man muss euch lassen: Ihr habt das Kunststück geschafft, aus einem Fest über Demut, Gnade und Geburt ein Event über Dosen, Trucks und eine zuckerhaltige Geschmacksexplosion zu machen. Bethlehem hat damals nur einen Stern gebraucht —ihr strahlt gleich die ganze Welt an. Unübersehbar. Unüberhörbar. Unentrinnbar.
Also wirklich, danke, Coca-Cola. Jesus im Stall war niedlich. Aber ein rotgewandeter Mann mit Dauergrinsen und Getränkeflasche? Das ist schließlich die wahre Weihnachtsbotschaft unserer Zeit."
Ja, die Kritik ist alt - viele hadern mit dem Christfest, dass inzwischen zu einem Fest des turbokapitalistischen Wegwerfsystems globaler Eliten geworden ist. Und ja, auch ich grinse adventsbesoffen durch die Gegend, weil man es in dieser - der echten 5ten Jahreszeit - eben so macht. Ich gehe über Weihnachtsmärkte, Wintermärkte, Genussmärkte und Sternenmärkte, bin kurz entsetzt über die Preise für Handbrote und Glühwein, sehe viele offensichtlich übergewichtige Menschen, die gar kein Ende finden bei all den kalorien- und fettreichen Leckereien, die es zu erwerben gibt und komme unweigerlich zu dem Schluss, dass es durchaus sein kann, dass die Völlerei in dieser Zeit dazu führt, dass es hier und da doch öfter zu Todesfällen kommt, als beispielsweise im Sommer.

Viele Faktoren kommen zusammen
Winterliche Krankheiten: Kälte kann das Immunsystem schwächen und die Wahrscheinlichkeit von Atemwegserkrankungen wie Grippe und Lungenentzündung erhöhen.
Kardiovaskuläres Risiko: Kältere Temperaturen können die Blutgefäße verengen, den Blutdruck erhöhen und so das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle steigern.
Saisonale Faktoren: Während der Feiertage können erhöhter Stress, übermäßiger Alkoholkonsum und eine unausgewogene Ernährung das kardiovaskuläre Risiko weiter erhöhen.
Vitamin-D-Mangel: In den Wintermonaten fehlt es in Deutschland oft an ausreichend Sonnenlicht, um genügend Vitamin D zu produzieren, was das Immunsystem zusätzlich belasten kann.
Fastenzeit Advent - längst vergessen bei all dem Glitzer
Bevor der Advent zu einer saisonalen Mischung aus Plätzchenduft, Lichterketten und Konsumritualen wurde, war er etwas völlig anderes: eine Zeit der Vorbereitung und der Enthaltsamkeit.
Die frühen christlichen Gemeinden verstanden den Advent nicht als festlich-glitzernde Vorweihnachtsphase, sondern als Buß- und Fastenzeit — ähnlich wie die heutige Passionszeit vor Ostern. Die Logik dahinter war schlicht: Wer die Ankunft Christi feiern will, bereitet sich innerlich darauf vor. Und innere Vorbereitung bedeutete damals Reduktion, Sammlung, Rückzug.
Schon im 4. und 5. Jahrhundert lassen sich Hinweise darauf finden, dass Christen in Spanien und Gallien (heutiges Frankreich) vor Weihnachten mehrere Wochen fasteten. Diese Zeit variierte regional, wurde aber schließlich in der Westkirche als „Quadragesima Sancti Martini“ bekannt — die Vierzig-Tage-Zeit ab dem Martinstag (11. November).Ja, genau: Der Advent war ursprünglich lang, still und streng. Heute weiß gar niemand mehr, warum wir eigentlich das Martinsfest feiern und was es mit dieser Tradition auf sich hat.
Das heutige Konzept der vier Adventssonntage entstand erst später, als die Kirchen diese sehr unterschiedliche Praxis vereinheitlichten. Am Kern änderte das lange nichts: Advent blieb eine Zeit der Selbstbesinnung, nicht des Selbstbedienens.
Erst im Laufe der Neuzeit, besonders ab dem 19. Jahrhundert, löste sich der Advent Schritt für Schritt von seiner asketischen Wurzel. Die Industrialisierung brachte Massenproduktion, Geschenke, Weihnachtsmärkte, Schaufenster – und schließlich die Vorstellung, dass Vorfreude am besten in Zucker, Glanz und Glitzer ausgedrückt wird.
Doch historisch betrachtet steht hinter dem Advent ein völlig anderes Bild:
weniger Lichterkette – mehr innerer Kompass. Weniger Volle-Bauch-Festlichkeit – mehr Leere schaffen, damit etwas Neues Platz findet.
Und vielleicht, ganz vielleicht, liegt darin ja sogar eine Chance. Nicht darin, die Weihnachtsmärkte zu boykottieren oder dem Glühwein öffentlichkeitswirksam abzuschwören — sondern darin, sich zwischen Zuckerduft, Lichterketten und rot beleuchteten Werbetrucks einen winzigen Moment Stille zurückzuerobern.
Einen Moment, in dem man sich erinnert, dass der Advent einmal eine Zeit war, die nicht von außen leuchtete, sondern von innen. Eine Zeit, die weniger „Kauf drei, zahl zwei“ war und mehr „Richte dein Herz aus“. Eine Zeit, in der es nicht darum ging, was wir alles anhäufen, sondern was wir weglassen können, um wieder Platz für das Wesentliche zu schaffen.
Vielleicht muss das Christfest gar nicht gerettet werden. Vielleicht muss es nur wieder entdeckt werden — verborgen zwischen all dem Trubel, wie ein kleiner, stiller Funke, der darauf wartet, dass jemand ihn bemerkt.
Und wer weiß: Vielleicht gelingt es uns ja, beides zu leben — die warme, fröhliche, duftende Seite dieses Festes und die leise, ursprüngliche. Nicht gegeneinander, sondern miteinander. Ein Fest, das uns nicht erschöpft, sondern ein wenig heller macht.
Ganz ohne Pantone-Rot 185. Und mit ein bisschen mehr von dem Licht, das niemand vermarkten kann.
Ich wünsche Euch, liebe Leserinnen und Leser, eine wirklich besinnliche Adventszeit und eine frohe Weihnachtszeit! Eure Christiane



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